Heinz Rasch Jg. 1931

„Der Krieg war vorbei, wir hatten Strom und elektrisches Licht,

aber wir hatten keine Wasserleitung, keinen Kanal, keine Schule und keine Kirche.“

Unser Dorf von ca. 1936 bis 1960

Damalige Infrastruktur

Bevor 1920 Neudorf an das Stromnetz angeschlossen wurde, gab es keine Straßenbeleuchtung. Nachts war es dunkel. Selbst in meiner Jugend hatten die wenigsten Haushalte Strom in den Nebengebäuden und Ställen. Dort brannten nach wie vor entweder Karbid- oder Petroleumlampen.

In unserem Dorf standen bis 1950 ca. 45 Häuser und es war geprägt von der Landwirtschaft. So waren 32 der Anwesen Bauern. Die Bearbeitung der Äcker und Wiesen wurde überwiegend mit Kühen durchgeführt, nur 4 – 5 Bauern hatten Pferde oder Ochsen.

In Neudorf waren vor dem 2. Weltkrieg folgende Geschäfte und Handwerker ansässig:

Bäckerei – Adam Kistner, Schneider – Dietzenberger, Gastwirtschaft „Zum Frohsinn“ – Heinrich Kromm, Wagnerei / Stellmacherei – Johann Ullrich, Kolonialwaren + Lebensmittelgeschäft – Jakob Kolb (genannt Schmoller! Nach einem Kaufhaus in Frankfurt a. M.), Lebensmittel – Carl Stein, Schmied – August Nix, Schmiedemeister – Ludwig Schneider, Schuhmacher – Franz Metzler, Kolonialwaren + Gastwirtschaft – Seipel, Sattler + Polsterer – Alois Hopp und Schuster – Josef Seitz.

Nach dem Krieg gab es weitere Geschäfte und Handwerker:

Lebensmittel – Maria Stolberg, Lebensmittel – Helma Kistner, Maurer – August Schneider, später Kurt Krauße, Heizung, Sanitär und Lüftung – Heinz Rasch, Schlosserei – Gerhard Michel, Schlosserei – Reinhold Skornia, Schreinerei – Johann Joffroy, später Werner und eine Werkzeugdreherei – Edgar Schneider.

Wasser

Die Wasserversorgung erfolgte über gegrabene Brunnen 5 – 7m tief. Die Wände waren mit Findlingen abgestellt. Bei längeren Regentagen drang auch Oberwasser in die Brunnen, manchmal auch durch den Überlauf in der Nähe befindlicher Mistkauten. Das Wasser wurde dann trüb und wenn die Kühe das Wasser nicht mehr tranken, mussten wir unser Wasser unterhalb des Dorfes vom „Börnchen“ holen, das war reines Quellwasser.

Die Bauern hatten damals zwischen 1 bis 15 Kühe, jeder hatte Schweine und Hühner, manche hielten auch Gänse. Das Tränken der Tiere erfolgte mittels Eimern. Die Toilettenanlage, genannt „Abee“, befand sich über der Jauchegrube/ auch Puttelloch, sodass der Weg dorthin meistens über den Hof ging und das bei jedem Wetter!

Auf dem „Abee“ gab es kein fließendes Wasser. Als Toilettenpapier dienten in Stücke gerissenes Zeitungs-, oder leichtes Packpapier. Eine Kanalisation gab es nicht, die wurde erst Mitte der 70er Jahre gebaut. Vorher war links und rechts der Straße eine Rinne, genannt die „Boll“, sie war mit Steinen ausgekleidet und in ihr floss das Regenwasser – ab und zu auch etwas Jauche und Unrat.“

Schule und Kirche

Zur Schule und zur Kirche gingen wir nach Aufenau zu Fuß, bei Wind und Wetter. Zur Kirche und bei Hochwasser wurde der Bohlensteig benutzt. Vom Schulweg nach Hause stand einmal das Wasser bereits an den Bohlenbrettern und war noch steigend. Wir bösen Buben befreiten die Bohlenbretter auf ca. 1,20 Meter Länge aus Ihren Halterungen. Sie schwammen mit der Strömung davon und wir hatten einen Tag schulfrei!

Die Schule in Aufenau war geteilt, rechts für die evangelischen und links die katholischen Kinder. Ebenso war der Schulhof durch eine 2 Meter hohe Mauer unterteilt. Erst 1940/41 wurde diese Teilung aufgehoben. Ab da wurden die Schulräume gemeinschaftlich genutzt, die Lehrer mussten beide Konfessionen unterrichten und die Mauer wurde geöffnet.

Krieg

In 1938 bekamen einige Männer im Dorf den Stellungsbefehl und bald danach begann der Einzug zur Wehrmacht oder zum Arbeitsdienst. 1939 begann der 2. Weltkrieg, von da an ging es laufend mit der Einberufung. Einige meldeten sich auch freiwillig im Glauben, dass wir den Krieg schnell gewinnen würden. Die Ersten ließen schon 1941 ihr Leben für „Führer, Volk und Vaterland“. Insgesamt verloren 18 Männer aus Neudorf ihr Leben und kehrten nicht mehr zurück.

Nach dem Sieg gegen Frankreich kamen gefangene Franzosen in unser Dorf. Diese wurden im Saal der Gaststätte Kromm unter ständiger Bewachung von älteren Soldaten untergebracht. (Elli Kromm heiratete später einen der Wachsoldaten) Einige arbeitsfähige Gefangene wurden dann zu Arbeiten bei den Bauern eingeteilt und von den Bewachern morgens hingeführt und abends wieder abgeholt. Auch aus dem Lager von der Wegscheide kamen Gefangene zum Arbeitsdienst. Sie durften zum Essen nicht mit der Familie am Tisch sitzen, sondern mussten einen separaten Platz bekommen.

Auch wir bekamen einen Gefangenen namens Marcel zugeteilt. Ein Mann von 1,85 -1,90m groß, aber er wog nur noch 70 Kilogramm. In unseren engen Räumlichkeiten hatte unsere Mutter im Eingang unter der Bodentreppe einen kleinen Tisch mit Stuhl für ihn aufgestellt. Er schlang das Mittagessen nur so in sich hinein. Nach dem Essen spannten wir unser Fuhrwerk mit Kühen an, um Flachs vom Berg zu holen.  Jeder Bauer war verpflichtet je nach Größe seiner Ackerfläche einen gewissen Teil mit Flachs zu bebauen und abzuliefern. Marcel, unsere Mutter und ich saßen auf dem Wagen. Wir waren vielleicht 200m weit gefahren, da fing Marcel an zu schreien. Er hielt sich den Bauch, sprang vom Wagen und wälzte sich auf dem Boden. Ich drehte um und fuhr ihn ins Lager. Das Essen war ihm nicht bekommen, sein Magen war überfordert.

Allmählich bekamen wir auch in Neudorf den Krieg zu spüren. Nicht nur durch ständige Nachrichten von Gefallenen die der Ortsgruppenleiter überbringen musste, sondern auch durch das Überfliegen der feindlichen Bomberverbände, die zum Bombardieren der Städte unterwegs waren. Einmal wurde ein Verband auf dem Rückflug über Salmünster und Neudorf angegriffen und ein Flugzeug abgeschossen. Einer sprang noch mit dem Fallschirm ab und landete in einem Baum in der Nähe des Steinbruchs. Er wurde von den Feldjägern aus dem Baum befreit und anschließend festgenommen.

So langsam begannen die Menschen zu merken, dass der Krieg nicht gewonnen werden konnte. Die Massaker an Juden und anderen Minderheiten wurden erst richtig nach dem Krieg bekannt.

Der Anfang vom Ende des Krieges begann im Winter 1942 in Russland bei minus 40°C. Der Rückzug aus Russland begann und die Bombardierung von Frankfurt und Hanau setzte ein. Wir konnten von hier aus sehen, der Himmel war nur noch ein Feuerball. Ab 1944 wurde auch die Bahnstrecke Frankfurt – Fulda bombardiert.

Bei einem Angriff explodierte eine Bombe etwa 20 Meter neben den Gleisen in Höhe des Bahnübergangs nach Kinzighausen. Ein Splitter von der Größe 25×10 cm flog bis auf die Treppe bei Jakob Müller (Opa von Reinhold Müller). Eine Bombe traf auch direkt die Gleise explodierte aber nicht. Bei einem weiteren Angriff hatten sie das Stellwerk am kalten Born im Visier, die Bomben verfehlten ihr Ziel und schlugen in die Wiese ein. Die Trichter waren noch jahrelang zu sehen.

Kurz vor Ende des Krieges wurde die Kinzigbrücke bei Wächtersbach gesprengt. Der Krieg kam immer näher zu uns und eines Morgens gegen 6 Uhr hörten wir die Panzer von Wittgenborn kommend zu uns ins Dorf fahren. Sie rollten durchs Dorf bis zum Denkmal, dort gingen sie in Stellung und richteten ihre Kanonen nach Aufenau.

Im Haus von Bäcker Adam Kistner richteten die Amerikaner ihr Hauptquartier ein. Aufenau wurde noch von einer Gruppe deutscher Soldaten gehalten.

Bei der Durchfahrt durchs Dorf stand im ersten Panzer ein dunkelhäutiger Kommandant. Als unsere Großmutter ihn sah, schrie sie laut vor Angst und rannte ins Haus! Sie hatte noch nie einen dunkelhäutigen Mann leibhaftig gesehen.

Am nächsten Tag gingen die Amerikaner mit Gewehren von Haus zu Haus bzw. in die Scheunen und suchten nach versteckten Soldaten und Männern. Sie nahmen alle Männer im wehrfähigen Alter fest. Sie wurden am Dalles auf offene Lastwagen verladen und abgefahren. Erste Station war der Steinbruch in Wirtheim, von dort wurden schon einige wieder nach Hause geschickt. Die Anderen wurden weiter transportiert. Einige wie etwa Otto Schröder, der als Soldat auf Heimaturlaub weilte oder Ortsgruppenleiter Konrad Müller kamen in das berüchtigte Lager nach Bad Kreuznach. Die Beiden kamen erst nach längerer Zeit abgemagert wieder nach Hause.

Abends mussten wir unsere Häuser verlassen und die Nacht in etwas stabileren Räumen in der Nachbarschaft verbringen. Warum hat man uns nicht verraten, aber es wurde ab und zu kontrolliert.

Bei uns schräg gegenüber stand das Backhaus von Burkhard & Elisabeth Müller (Großeltern mütterlicherseits von Burkhard Wolf) heute Aufenauer Str. 21. Dort entdeckten die Amerikaner etliche Waffen von deutschen Soldaten, die zwei Tage vorher im Dorf in Scheunen lagerten. Wir hatten die Scheunen mit Stroh ausgelegt, sodass sie sich dort hinlegen konnten. Sie kamen alle zu Fuß, die meisten waren junge Burschen und total wund gelaufen. Wir machten im Waschkessel Wasser warm, damit sie ihre Füße waschen konnten und schnitten Betttücher klein um die Füße zu umwickeln. Aber die Nacht war noch nicht rum, da mussten sie wieder auf die kaputtenen Füße und weiter Richtung Salmünster.

Am dritten Tag nach der Belagerung von Neudorf, schossen die Amerikaner mit einem Panzer nach Aufenau, dabei wurde eine Frau durch Granatsplitter tödlich verletzt. Nach 4 oder 5 Tagen verließ wohl die deutsche Resttruppe Aufenau. Noch in der Nacht fuhren der Mine Jacob und Pfarrer Fink mit den Fahrrädern und einer weißen Fahne nach Salmünster und ergaben sich. Die Amerikaner bauten neben der gesprengten Kinzigbrücke eine Überfahrt für ihre Panzer und gelangten so nach Aufenau.

Es kehrte nun etwas Ruhe bei uns ein. Es wurden nun Leute ausgewählt die für Ordnung sorgen und die Verwaltung übernehmen sollten. Es waren Leute, die zur Nazizeit im geheimen andere Ideologien vertraten. Als erster Bürgermeister wurde Franz Seitz eingesetzt. Ihm folgten Sebastian Rieger von Kinzighausen und Lorenz Kalbert. Nach einiger Zeit wurden auch wieder Gemeindevertreter gewählt, die dann den Bürgermeister wählten. Gewählt wurde der Schmiedemeister Ludwig Schneider. Ihm folgte Georg Simon. Gemeinderechner wurde Lehrer Jäckel. Man war wieder handlungsfähig mit Gemeindevorstand, Gemeindevertretern und Gemeinderechner. Der Ortsdiener Heinrich Schlössler verkündete die Bekanntmachungen mittels der Dorfschelle!

Es wurde wieder Holz eingeschlagen und verkauft, da die Wirtschaft langsam wieder ansprang. Der Holzverkauf war die Haupteinnahmequelle für unsere Gemeinde.

Infrastruktur nach dem Krieg

Der Krieg war zu Ende bei vielen waren die Wunden noch lange nicht verheilt, trotzdem hat man sich wieder aufgerafft. Das Leben ging weiter!

Jetzt kam ein neues Kapitel auf unser Dorf zu.

Bereits im Krieg – nach der Bombardierung von Frankfurt – wurden Familien die alles verloren hatten auch bei uns eingewiesen. Jetzt, nach dem Krieg, kamen Heimatvertriebene in unser Dorf.

Diese Menschen mußten Ihre Häuser und alles Eigentum den Siegern überlassen. Sie kamen nur mit Handgepäck bei uns an.

Als erster kam Willibald Beer mit Familie bei uns an. Auch die nachfolgenden Ankömmlinge wurden in leerstehenden Wohnungen, oder Zimmern untergebracht. Manchmal mussten auch Zimmer erst geräumt werden.

Die meisten von Ihnen blieben in Neudorf, bauten Häuser und heute spricht man nicht mehr von „Flüchtlingen“. Die Einwohnerzahl stieg und auch die Anzahl der Kinder nahm zu, so kam erneut der Gedanke auf eine eigene Schule in Neudorf zu bauen.

Die Schule wurde 1951 mit einem Festakt und einem Umzug eingeweiht. Bäckermeister Adam Kistner führte auf dem Fahrrad und mit Girlanden geschmückt diesen Festumzug an.

Die Schule bestand aus einem Keller-, Erd- und Dachgeschoss mit Uhrenturm.

Im Keller wurde ein Bastel- Näh- und Strickraum, sowie eine Lehr-Küche eingerichtet.

Außerdem wurden Räume für Bäder, ein Koksraum, sowie ein Abstellraum erstellt.

Im Erdgeschoss gab es zwei Schulräume mit einem großen Gang und seitlich angebauten Toiletten. Als Heizungsanlage diente eine Dampfheizung mit Warmwasserboiler.

Der Schulbetrieb wurde von Lehrer Wilhelm Jäckel geleitet. Er war den Kindern, bis auf die Neuzugänge, bereits aus der Schule in Aufenau bekannt. Herr Jäckel war ein ehemaliger Offizier der schwer verwundet ein Bein verloren hatte. Er zog mit Familie in die Wohnung im Dachgeschoss ein.

Er war Lehrer, Schulleiter, Heizer und Hausmeister in einer Person.

In der Heizung wurden ca. 120 Zentner Koks verfeuert.

Im Laufe der Zeit nahm die Schülerzahl zu und es wurde eine weitere Lehrerkraft – Fräulein Sachs – eingestellt.

Nachdem 1954 die neue Wasserleitung im Oberdorf in Betrieb war, wurde auch die Schule angeschlossen. Nun konnte die Badeeinrichtung von den Neudorfer Bürgern und Bürgerinnen genutzt werden. Es waren Badetage und Badezeiten festgelegt. In einem Warteraum nahm man Platz und wartete, bis man an der Reihe war. Für die meisten war es besonderes Erlebnis in einer richtigen Badewanne zu liegen, anstatt zu Hause in einen Waschzuber einzusteigen.

Mit der Schulreform wurden die kleinen Dorfschulen und damit auch unsere relativ neue Schule geschlossen. Nach einer zwischenzeitlichen Nutzung als Moschee dient sie heute dem Judo Club als Vereinsheim. Die Wohnung im Dachgeschoss ist noch immer bewohnt.

Im Krieg hatte die Firma Budde einen Sägereibetrieb, hinter dem Dorf Richtung Schwimmbad, auf der rechten Seite errichtet und für die Wehrmacht Baracken gefertigt. Nach dem Krieg wurden aus den ehemaligen Baracken „Holzfertighäuser“ für Familien. Sie wurden auf einer Betonplatte aufgestellt. Dies kam gut an, weil bedingt durch die eingewiesenen Flüchtlinge aus den Ostgebieten große Wohnungsnot entstanden war.

Die Stadt Wächtersbach wies ein Baugebiet Richtung Hesseldorf aus. Dort wurden diese Holzhäuser aufgestellt. Dieses Gebiet wurde „Lattstadt“ genannt. Mein Vater August arbeitete damals bei der Fa. Budde.  In der Bauwirtschaft wurden jedoch immer mehr Massivhäuser gebaut, sodass die Firma Budde schließen musste. Die Betriebsgebäude und Fertigungshallen standen leer. Das Gelände wurde dann von der „Varta-Plastik“ gekauft.

Wir haben 1952 geheiratet und als wir 1953 mit dem Hausbau im Quellenweg begannen, gab es noch keine Wasserleitung. Wir füllten unser Puddelfass am Quellgraben und fuhren es mit unserem Kuhgespann zur Baustelle, damit die Maurer den Speis anrühren konnten.

Viele Neudorfer betrieben noch Landwirtschaft, oft im Nebenerwerb. Einige arbeiteten im Wald und haben mit Pferden gefällte Bäume aus dem Wald gezogen.

Erst als die Firma Varta Plastik für ihre Produktion Wasser benötigte, entschloss sich die Gemeindevertretung einen Brunnen bohren zulassen und einen Hochbehälter zu errichten.

Unter der fachlichen Leitung des Wiesenbaumeisters Metz vom Kreis Gelnhausen wurde ein Wünschelrutengänger beauftragt Wasser zu suchen. Die Firma Pettenpohl bohrte dann in unserem Acker oberhalb vom Quellenweg den Tiefbrunnen. Wegen dem Quelleneinzugsgebiet von Bad Soden- Salmünster und Bad Orb durfte jedoch nicht tiefer als 42m gebohrt werden. Zum Glück wurde in 36 – 38m Tiefe genügend Wasser vorgefunden. Daraufhin wurde das Brunnengebäude und etwas oberhalb der Hochbehälter (heute: Vereinsheim der Weinfreunde)  errichtet. Erst später stellte sich heraus, dass nunmehr das angrenzende Gelände Wasserschutzgebiet wurde. Das Bauen dort wurde durch die Auflagen sehr viel aufwendiger und teurer!

Die Leitung wurde zwischen den Häusern von Heinrich Seitz und Otto Schröder zur Dorfstraße geführt und wurde dann Richtung Oberdorf (heute: Aufenauer Str. und Am Rosengarten) bis zur Varta Plastik verlegt, die daraufhin ihre Produktion aufnehmen konnte.

Die Einnahmen der Gemeinde verbesserten sich deutlich durch die Gewerbesteuer der Firma Varta – Plastik und es entstanden neue Arbeitsplätze.

Nach dem Oberdorf wurden dann etwas später auch die Häuser des Unterdorfs angeschlossen. Ende der 60er Jahre erhielt auch Kinzighausen Wasseranschluß. Bei der Erstausstattung wurden damals keine Wasseruhren eingebaut. Erst als der Wasserverbrauch stark anstieg, wurden Wasseruhren in den Hausanschlüssen nachgerüstet.

Das Oberflächenwasser vom Unterdorf floss in die Kinzig und vom Unterdorf durch den offenen und befestigten Gemeinschaftsgraben (die Boll) in den Quellgraben.

Durch den stark gestiegenen Wasserverbrauch verkraftete der Quellgraben diese Menge nicht mehr und es musste ein Abwasserkanal gebaut werden. Ende der 60er Jahre wurde ein Kanal getrennt für Oberflächen- und für Schmutzwasser gebaut. Im Oberdorf entstand eine Hebeeinrichtung, die das Schmutzwasser bis zum Abwasserkanal des Abwasserverbandes Brachttal jenseits der Kleinbahnbahntrasse pumpte. Das Oberflächenwasser vom Oberdorf wurde weiter in den Quellgraben, das vom Unterdorf in die Kinzig geleitet.

1957 bezogen wir unser neues Haus. Am 1. August 1958 wurde Neudorf von einem verheerenden Unwetter, mit enormen Schäden, heimgesucht. Ich erinnere mich noch, dass ich mit meiner Mutter auf dem Feld Hafer geladen habe, als sich der Himmel verdunkelte und gelb schimmerte. Wir begaben uns mit unserem Kuhgespann schleunigst auf den Heimweg und schafften es gerade noch alles in der Scheune unterzubringen.

An unserem neugebauten Haus wurde ein Teil des Daches weggerissen und das Wasser lief durch die Elektrorohre über die Treppe bis in den Keller.

Im Wald entstand ebenfalls großer Windbruchschaden, das Holz wurde durch die Gemeinde verkauft. Mit diesem Geld konnte 1962 durch einen Zuschuß an die Landeskirchen dann die Kirche in Neudorf errichtet werden. Auch das Holz für den Dachstuhl wurde durch die Gemeinde zur Verfügung gestellt.

In den 60iger Jahren gingen die landwirtschaftlichen Betriebe deutlich zurück. Nur wenige führten die Landwirtschaft weiter, wie z. B. Karl Kistner, Ludwig Kistner, Ludwig Schneider, Heinrich Kolb, Konrad Werth, Wilhelm Werth und Kurti Müller.

Heute betreiben noch Landwirtschaft: Familie Müller auf dem Weidenhof, Familie Kistner auf dem Birkenhof, Michael Jaczak den Reiterhof in Kinzighausen und als Hobby/ Nebenerwerb Tobias Metzler.

Ilse und Heinz Rasch zum 20 jährigen Betriebsjubiläum