Augustha (Gustel) Werth, verh. Becker

Meine Erinnerungen

Ich wurde 1928 als Tochter von Georg und Margarethe Werth (geb. Oswald aus Guntersblum) im Haus meiner Eltern hier in Neudorf geboren. Die Hebamme kam aus Aufenau.

Mit meinen Geschwistern Katharina (verh. Kleiß), Anna (verh. Seipel) und Konrad Werth waren wir vier Kinder zu Hause.

Fast jedes Haus hatte damals eine eigene Miste und einen Hausbrunnen.

Wenn bei unserem Nachbarn August Nix bei Regen die Miste überlief, war das Wasser aus unserem Brunnen nicht mehr zu benutzen.

Im Haus gab es elektrisches Licht, aber im Stall brannten noch die altbewährten Petroleumlampen.

1934 kam ich in die Schule nach Aufenau. (Die Neudorfer Schule wurde erst 1951 in Betrieb genommen!) Die Aufenauer Schule war getrennt nach evangelischer und  katholischer Glaubensrichtung, mit eigenen Eingängen und eine Mauer im Schulhof. Diese Mauer war so hoch, daß Kinder normalerweise nicht drüber schauen konnten.

Es gab jedoch einen kleinen Mauerabsatz auf den man sich stellen konnte und mit den Händen konnte man sich etwas an der Mauer hochziehen um auf die andere Seite zu schauen. Wenn dies die evangelischen Kinder versuchten und der katholische Lehrer dies sah, gab es Hiebe mit dem Rohrstock auf die Finger.

Die Lehrer hießen zu unserer Zeit Schuchart (kath.) und Schmidt (ev.), sie bewohnten mit ihren Familien das Obergeschoß.

Die Schulräume waren im Erdgeschoß. Im evangelischen Zweig waren alle Altersklassen in einer Klasse untergebracht, im katholischen Zweig gab es zwei Klassen. Bei Wind und Wetter sind wir von Neudorf nach Aufenau und zurück gelaufen. Bei Hochwasser mussten wir den Umweg über die Bohle nehmen. Oft hatten wir schon nasse Füße bis wir den Bohlensteg erreichten.

Nach der Schule musste ich von 1942 bis 1943 ein Pflichtjahr in Weilers beim Landwirt Feit absolvieren. Ich durfte aber jeden Tag mit dem Fahrrad meiner Chefin nach Hause fahren.

Ich wollte gerne den Beruf der Schneiderin erlernen, doch nach dem Pflichtjahr gab es keine Möglichkeit eine Lehre anzutreten. Es war Krieg und ständig gab es Luftalarm. So blieb ich zu Hause und half im landwirtschaftlichen Betrieb mit.

Gegen Ende des Krieges war Konrad Müller Ortsgruppenführer in Neudorf und hatte die schwere Aufgabe den Familien die Nachricht von gefallenen, oder vermissten Soldaten zu überbringen.

Mit 15 oder 16 Jahren haben wir in Weilers beim Heckenwirt tanzen gelernt. Eine Familie aus Frankfurt hatte ein Grammephon das dort aufgestellt wurde.

1947 heiratete ich mit 19 Jahren Adam Becker. Wir wurden kirchlich in Aufenau und standesamtlich in Wächtersbach getraut. 1948 wurde Isabella, 1950 Hans–Lothar und 1957 Henrite geboren.

Trotz der harten Nachkriegszeit hatten wir auch unseren Spaß, wenn z.B. Otto Krüger Feste mit Kapelle beim Kromm (Gaststätte zum Frohsinn) organisierte.

Mit 28 Jahren konnte ich mir mein erstes eigene Fahrrad leisten.

Zwischen 1949 und 1953 wurde das Haus Salmünster Str. 1 gebaut. Es gab noch keine Wasserleitung.

Zum Bauen wurde das Wasser in einem 100l Fass auf dem Handwagen von der Kinzig geholt.

Das Trinkwasser wurde in Eimern transportiert, meist holte ich es von meiner Schwester Anna Seipel.

Das Wasser wurde sparsam verwendet, blieb am Schluss noch etwas übrig wurde es zum Putzen verwendet.

Es gab nur den Stromanschluss. Das Abwasser wurde durch den offenen Graben abgeleitet, bis Ende der 60er Jahre der Kanal gebaut wurde.

Mein Ehemann war als Maurer bei der Fa. Frei in Gelnhausen beschäftigt und hatte einen schweren Arbeitsunfall auf der Baustelle.

Er lag mit Darmriss im Krankenhaus, wurde operiert und nach Hause entlassen. Dabei wurde auch festgestellt, daß er an Diabetes litt.

Nach erneuten Beschwerden mit der Wunde kam er wieder ins Krankenhaus. Dort wurde er als Diabetiker nicht richtig behandelt und ist im Jan 1972 mit 49 Jahren verstorben.